Zwangsarbeit im Rhein - Neckar - Raum.  Ein Projekt an der IGMH

 


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Fabrik Maßholder Heidelberg

Jacques Nilsa

  


aus Raon l'Etape


Lager und Fabrik Maßholder, 
Heidelberg, Alte Eppelheimer Straße
 
war Kaufmann und Unternehmer heute Ruhestand in Saint-Dié

 

 

Jacques Nilsa 2003 bei einem Besuch in Mannheim

Vor der Verschleppung

Wir wurden schon dienstverpflichtet im September 1944, alle arbeitsfähigen Männer der Stadt, um Panzergräben zu bauen. Das war unter der Leitung der Organisation Todt. Wir haben am Ostrand von Raon l'Etape große Gräben ausgehoben.
Dabei habe ich einen Arbeiter bei der Organisation Todt in Raon kennen gelernt, er hieß Willi Wyrich. Seine Mutter war Französin und Jüdin, deshalb war er auch zur Zwangsarbeit bei der Organisation Todt gezwungen worden. Er hat mich einmal in einer Auseinandersetzung mit einem SS-Wachmann gerettet und da ich ziemlich gut deutsch konnte haben wir uns etwas kennen gelernt.

 

Und diesen Willi Wyrich habe ich 1970 wiedergefunden, ich hatte damals einen Export von Mirabellen nach Deutschland. Ich habe das einem Heidelberger Fahrer erzählt und er hat das in die Zeitung gegeben, das war 1969, im August oder September.
Und dann habe ich am 5. Januar einen französischsprachigen Brief von Willi bekommen, dass er mich auch schon gesucht habe. Also habe ich sofort mit ihm telefoniert. Danach habe ich ihn besucht, er wohnte bei Frankfurt. Wir haben uns in einem Hotel getroffen, umarmt, beide haben geweint. Aber danach haben wir uns nicht mehr gesehen.

Die Verschleppung
 

 
Verschleppt wurden wir  am 8. November 1944. Feldgendarmen und SS sind durch die Straßen von Raon l’Etape patrouilliert und haben angekündigt, dass alle Männer zwischen 16 und 45 oder 50 – ich erinnere mich nicht mehr genau – zum Arsenal begeben sollten, das ist ein Gebäude in der rue Jules Ferry. Da sind wir gesammelt worden.
Ich war zu dieser Zeit zu Hause, man musste die notwendigsten Toilettengegenstände mitnehmen, das war alles. Also sind wir bis zu diesem Gebäude gegangen und dann sind wir zu Fuß aufgebrochen bis nach Celles sur Plaine und dann nach Badonviller über den Pass und schließlich sind wir in Hemingen (bei Saarburg) in einen Zug verladen worden.
Das war am 10. November. Denn am 11.11. um 11 Uhr morgens standen wir auf der Brücke von Mannheim. Es gab da einen Fliegeralarm, der Zug blieb stehen, er hielt auf der Brücke von Mannheim. Dann sind wir weitergefahren bis nach Heidelberg, immer unter Bewachung der SS. Wir wussten nicht, wohin wir gingen, seit wir unter den Befehl der SS gekommen waren, - SS mit Maschinengewehren - bis zum Marstall der Universität.
Da im Marstall wurden wir einquartiert, das war das Gebäude direkt am Neckar. Dort sind wir ein oder zwei Tage geblieben, ich erinnere mich nicht genau, wie lange. Wir lagen da auf Stroh und es gab eine Schale mit Suppe als Essen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Innenhof des Heidelberger Marstall

 

Danach wurden wir aufgeteilt,  wir mussten uns vorstellen, es gab da eine Art Kommission: Wir sagen die Berufe und wir wurden aufgeteilt auf verschiedene Organisationen und Fabriken. Ich selber mit einigen Leuten aus Raon sind losmarschiert zur Fabrik Maßholder, einer Anhängerfabrik. Die lag in der Nähe der Eisenbahnschienen.
Da in der Fabrik Maßholder haben uns die Brüder Maßholder nochmals aufgeteilt nach unseren Fähigkeiten oder Berufen. Das waren die Besitzer, die waren dabei und  Sekretärinnen. 

 

In der Maßholder-Fabrik  

 

Es war am 12. oder 13. November  als wir bei Maßholder ankamen. Quartier und Versorgung. Das Lager bei Maßholder war ein großer Raum, in dem mehrstöckige Pritschen standen. Wir schliefen in diesen Betten. Es gab einen WC da, es gab so große Waschbecken, wo man sich waschen konnte. Wir hatten keine Flöhe. Das Quartier war relativ neu, es war sauber. Das Kommando der Russen, so wie die untergebracht waren, die hatten sicher Ungeziefer... Die Russen, ich erinnere mich, das war noch vor Weihnachten: da war ein Russe beschäftigt, der die Heizung im Betrieb besorgte, das war eine Kohleheizung. Und dieser Russe fand den Tod da, er wurde vergiftet vom Kohlenmonoxid. Das war gerade vor Weihnachten, am Heiligen Abend. Und so haben die Russen Weihnachten feiern müssen. Das hat uns schrecklich geschockt. Es war der einzige Tote, an den ich mich erinnere.

 

 

 



    .

Straßenfront der ehemaligen Maßholderfabrik mit Fabrikantenvilla in der Mitte. Heute abgerissen.

 

 

 

Ehemalige Maßholder-Fabrikhalle


 Essen

Das Essen bei Maßholder... wir hatten das „Stammgericht“, und es gab eine Suppe, Rübensuppe. Wir haben (abends) in einem Restaurant in der Nähe gegessen. Das war möglich, denn wir waren zwar deportiert, aber nicht mehr bewacht durch die SS. Wir haben ein ganz klein wenig Geld bekommen, und damit gingen wir ein „Stamm“ essen [das gab es ohne Lebensmittelmarken]. Das war in der Nähe des Bahnhofs, ein Kohlrüben- , ein Karottengericht. An den Sonntagen war arbeitsfrei, Man konnte in die Stadt gehen, man konnte sogar das Schloss besuchen. Aber es gab nicht viele Leute, die fortgingen. Denn um wegzugehen, musste man deutsch sprechen können. Wir bekamen sogar ein paar Lebensmittelmarken, damit konnten wir Margarine kaufen gehen. Mittags [in der Fabrik] gab es eine Suppe, mit Rüben, man kann nicht sagen, dass wir verhungerten...

Wir hatten sehr wenig zu essen, wir hatten kaum Kleidung, und es war kalt. Es gab aber sicher Leute aus Raon, die schlechter als wir behandelt wurden

Kontakte...
mit Russen

Bei Maßholder gab es ein Kommando mit Russen, russischen Kriegsgefangenen, etwa 60 bis 70 Personen. Und ich hatte mir zur Seite einen Russen, der ein sensationeller Typ war. Er war in Russland der Chef eines... im Ural. Ich glaube, dass er Hauptmann in der Roten Armee gewesen war. Dank seines Eingreifens habe ich heute noch meinen linken Arm.
 Er war die ganze Zeit an meiner linken Seite. Ich habe Eisenstücke gebohrt, Eisenträger und da noch vor Weihnachten – ich hatte  einen Stofflappen um meine Finger gewickelt, um das Eisen halten zu können [natürlich hatten wir keine Handschuhe]. Und da wurde der Stoff von der Maschine erfasst und zum Glück hat der Russe neben mir die Maschine gestoppt. Er war die ganze Zeit an meiner linken Seite. Ich habe Eisenstücke gebohrt, Eisenträger und da noch vor Weihnachten – ich hatte  einen Stofflappen um meine Finger gewickelt, um das Eisen halten zu können [natürlich hatten wir keine Handschuhe]. Und da wurde der Stoff von der Maschine erfasst und zum Glück hat der Russe neben mir die Maschine gestoppt...
mit Deutschen
Es gab da bei Maßholder einen Deutschen, der ziemlich alt war, er hatte den 1. Weltkrieg mitgemacht., an seinen Namen erinnere ich mich nicht mehr. Er versorgte uns mit Nachrichten vom Stand der Front. Von Haus aus war er Maler, er war ein Arbeiter, der mit uns arbeitete. Von Raon wussten wir nichts, wir wussten die ganze Zeit nichts von unseren Familien, es gab überhaupt keinen Kontakt.
Willi Wyrich
An  Weihnachten waren wir auf der Hauptstraße von Heidelberg, es war wenige Tage vor Weihnachten. Wir waren da, um Kippen aufzulesen für die Älteren, die rollten daraus etwas zum Rauchen. Wir waren auf der einen Straßenseite auf dem Trottoir, da kam eine Person an, die sehr gut gekleidet war , die von der anderen Seite auf uns zukam, um mit uns zu sprechen:
Es war Willi  Wyrich, der Arbeiter der Organisation Todt in Raon . Er hatte uns wiedererkannt. Er hat uns einen Termin gegeben, dass wir zu seinen Eltern kommen sollten: „Obere Neckarstraße 66!“ sagte er, dann ist er schnell verschwunden . 

Als wir da gegen acht Uhr hingegangen sind, wohnten da seine Eltern. Sie haben uns zu essen gegeben, sie haben uns Kleider gegeben, sie haben uns also geholfen. Willy hatte uns vor allem folgendes gesagt: Er war desertiert, er hatte sich davongemacht, deshalb war er gleich verschwunden. 

wir sind dann ins Lager zurückgekehrt...

 

Versuche von Widerstand

Von Maßholder wurden wir eingesetzt, um das Dach eines großen Schuppens zu reparieren. Also haben wir die alten Ziegel heruntergeschafft und die neuen hochgebracht. Aber praktisch 50% der Ziegel sind dabei zerbrochen, entweder wurden sie beim Herunterbringen entzweigebrochen, oder als sie durch unsere Freunde auf Wägelchen geladen wurden. Nachdem das Dach repariert war, wurden wir, wurde ich in eine mechanische Werkstatt gesteckt und an eine sehr, sehr große Bohrmaschine gestellt. Da musste man große Löcher bohren. Man musste das sehr vorsichtig machen und ich stellte die Geschwindigkeit auf das Maximum, und wenn man kleine Löcher machen sollte, machte ich das Gegenteil... Das Ergebnis war also: nach Ende von etwa einem Monat, nachdem ich da gearbeitet hatte, gab es keine Bohrer mehr.
 Nach meiner ersten Bohrmaschine  hat mich der Chef der Werkstatt an eine andere weniger große Bohrmaschine gestellt, und ich habe da angefangen..., und ich habe den Bohrer zerbrochen. Danach haben sie mich an eine kleine Bohrmaschine gestellt. Die war ein kleines Juwel, und ohne es zu wollen, denn ich hatte Angst, ohne es zu wollen habe ich schließlich das Werkzeug zerbrochen...

Und die Maßholder-Brüder haben verstanden, dass ich Sabotage mache und haben mir also gedroht.

Ich habe gesagt, dass alle Sachen, wovon sie versprochen hatten, dass sie sie uns geben würden, nicht gekommen seien: warme Kleider, Essen usw.. Sie hätten ihr Wort nicht gehalten, und als Konsequenz davon wollten wir einen Streik machen.

Ehemalige Maßholder -Fabrik Straßenfront mit Fabrikantenvilla ( Richtung Stadtmitte Heidelberg)



Tatsächlich habe ich einen Streik organisiert, aber dieser Streik wurde von den Älteren nicht befolgt, sondern nur von den Jüngeren wie wir. Und Maßholder hat mir gesagt, dass am nächsten Tag die Gestapo kommen würde. Da habe ich zu ihm gesagt: „Wer Schwarzhandel macht, soll selber aufpassen!“ Denn ihm Keller waren mindestens 15 Säcke Weißmehl, die sie am Vorabend abgeladen hatten und im Keller gelagert hatten.
Also waren sie weniger eifrig und die Gestapo notgedrungen auch. Die Gestapo hat uns gedroht, dass sie uns ins Konzentrationslager Auschwitz schicken würden. Wir wussten ja nicht, was das war. Auf jeden Fall hat uns Maßholder vor die Tür gesetzt und uns zur Arbeitsfront geschickt.

 

Im KZ in Bad Rappenau

Und das war dann viel härter.
Wir sind der Reichsbahn zugewiesen worden, und Leute von der Reichsbahn haben uns nach Bad Rappenau gebracht in eine Art Straflager, welches auf freiem Feld lag und von Stacheldraht umgeben war. Als wir angekommen waren, hatten wir nichts zu essen. Es gab gefrorene Kartoffeln, die eingemietet gewesen waren, aber dort gefroren waren. Also haben wir tagelang gefrorene Kartoffeln gegessen. Unsere Leute sind in Wägen weggefahren mit Hacken und Schaufeln, um in der Nacht Eisenbahngleise zu reparieren. Unter den Leuten, die mit uns waren, gab es auch welche in gestreiften Uniformen. Sie hatten auch solche Dreiecke, die Farbe weiß ich nicht mehr. Wir sind alle  zur gleichen Zeit angekommen. Wir haben also nachts Gleise repariert.


Dieses KZ-Außenlager der letzten Stunde ist bisher noch nicht belegt, sein Standort also noch unbekannt

 

Befreiung

Und am Karfreitag, hat uns der Lagerführer benachrichtigt... Er hat gesagt, dass die SS den Befehl gegeben hatte, uns zu deportieren, uns nach Dachau zu bringen. Ich habe gesagt: "Hören Sie, man hört die Front, die sind nur zehn Kilometer entfernt, auf keinen Fall gehen wir weg. Sie lassen uns frei, sie öffnen das Lager. Ich schreibe ihnen einen Brief, worin wir bestätigen, nicht misshandelt worden zu sein. Das wird Sie sicher vor einer Erschießung bewahren.“
So haben wir es gemacht. 

Am Ostermontag um neun Uhr morgens kamen die Panzer der Amerikaner.

 

 

 

 

 

 


 

Jacques Delvincourt





aus Raon l'Etape
Beruf: Bankdirektor in Raon l'Etape
gestorben 2002



Jacques Delvincourt bei Filmaufnahmen, Raon l'Etape 2001

 

Verschleppung im Herbst 1944 :

Ich war in dieser Zeit Student in Paris, und ich hatte meine Freunde in Paris sogar gefragt gehabt, ob sie sich mit mir in die Vogesen flüchten wollten, um es ruhiger zu haben. (Sie haben das nicht gemacht...)
Und dann wurden wir am 8.November 1944 zusammengetrieben. Als wir aufbrachen hinauf ins Tal von Celles, sind wir durch die Amerikaner bombardiert worden. Ich erinnere mich, dass wir uns in einen Graben geworfen haben und dass ich dabei meine Flasche Mirabellengeist zerbrochen habe. Mein Schwiegervater hatte mir ein kleines Fläschchen Mirabellengeist zugesteckt. - Ich war damals schon verheiratet. -  Das war beim Eingang der Kasernen von Raon l’Etape...
Nach der Ankunft in einer Stadthalle von Heidelberg (= Marstall) erinnere ich mich an eine Suppe, die man uns gegeben hatte. Ich weiß nicht, was das tatsächlich war, aber ich bekam eine Schale Suppe mit worin zwei Erbsen schwammen. Das sind die Erinnerungen, die mir geblieben sind.


Zwangsarbeit bei Maßholder, Alte Eppelheimer Straße

Danach sind wir zu Maßholder gekommen, eine Fabrik, die Anhänger für die Armee produzierte. Man hat nach meinen Arbeitsqualifikationen gefragt: Ich habe gesagt, dass ich Student der HEC sei. Und mein Kamerad Jacques Nilsa, der gerne redete und die Sachen darstellte, sagte: „Handelshochschule von Paris!“ Darauf sagte der Fabrikchef; „Ach so! Auskehren!“
Und ich musste die Fabrik sauber halten. Ich konnte gut kehren! Und  ich hatte Probleme mit meinen Schuhen. Als dann Schnee fiel, drang er in meine Schuhe. Ich habe sogar versucht aus meinem Pullover Schuhe zu machen, ich hatte einen Wollpullover mit... Man hatte mir dann Soldatenstiefel gegeben von der Größe 43, meine eigenen Schuhe hatten jedoch Größe 39 oder 40... Also hatte ich bald offene Stellen in den Fersen. Das war ziemlich unangenehm, wenn ich die Abfälle wegräumen musste, denn darauf hatte man mich ja angesetzt. Ich musste die Mülltonnen leeren und ich stand bis zu den Knien im Müll. Arbeit war von sechs Uhr morgens bis 18 Uhr.

F: War die Fabrik groß?
Aber ja, sie hatte ein ziemlich großes Gelände. Es gab  Bretter zu bearbeiten da. Wie ich mich erinnere, bin ich einmal vom Ukrainer Michael an den Ohren zum Meister geführt worden, weil ich nicht arbeiten wollten, weil ich schlecht gearbeitet hatte. Ich arbeitete an einer Hobelmaschine, man musste die großen Bretter glätten für die Anhängerböden. Man hat die Bretter durchgeschoben, also ich habe ein wenig ins Schräge gezogen. Da haben mich die Russen bei den Ohren gepackt zum Meister: „Er sabot!“

 

Vorgesetzte in der Fabrik

Wir hatten einen Wächter, den großen Rotschopf, der ein sehr harter Bursche war, und einen kleinen Vorarbeiter, den wir den „Clown“ nannten. Er gab uns Brot, denn er hatte keine Zähne mehr. Dann, wenn er sein Brot aß, ließ er die Kruste gut sichtbar auf einer Bretterkante liegen. Dann ging er weg, um zu kontrollieren -, wir holten die Brotkruste.

 Unterkunft und Verpflegung

Bei Maßholder haben wir sehr viele Rüben zu essen bekommen, die uns den Bauch aufblähten, man musste in der Nacht sehr oft aufstehen, um zu pinkeln. Ich erinnere mich, dass ich sehr oft in der Nacht aufgestanden bin, und man ging raus und stieg die Treppe herunter,  wir waren da recht gut untergebracht, - und die Toiletten waren unten. Und die ganze Länge der Treppe war eine Spur! Ich war nicht der einzige, den anderen ging es genauso. Wir waren relativ gut untergebracht, wir, d.h. nur Leute aus Raon, wir waren 25, um diese Zahl herum.
Wir hatten Hunger.
Und ich hatte oft Migräne...

Aber man konnte am Sonntag weggehen. Und da sind wir zum Koffertragen auf den Bahnhof gegangen, nicht um Trinkgeld zu bekommen, sondern für „Brotmarken“, damit wir etwas zu essen hatten.

 

 

 

Der Streikversuch

Eines Tages, als wir kaum etwas zu essen bekommen hatten: wir hatten eine oder zwei Kartoffeln bekommen, da sind die 20 oder 30 Personen unserer Gruppe, alle aus Raon, in den Streik getreten. Aber der damalige Dolmetscher das war der Notar von Raon, Herr Meyer (meine Nichte war später mit seinem Sohn verheiratet), der uns angewiesen hat, indem er sagte: „Fangt schnell wieder an zu arbeiten, denn es wird eine von der Gestapo kommen!“ Also haben wir wieder gearbeitet. Und dann erinnere ich mich, mussten wir im Kreis antreten. Dieser deutsche Offizier, der ein Leutnant gewesen sein muss, soweit ich mich erinnere, hat zu uns gesagt: „Ist jemand da, der etwas zu sagen hat?“ Und da waren zwei Dummköpfe, die vorgetreten sind: Jacques Nilsa und ich. Und der Leutnant fängt an mit uns zu sprechen mit einem Montmartre-Akzent, sehr parisiserisch, ein wenig im Spitzbubenton: Dass Deutschland sich von uns erpresst sieht... Er stellt uns das Konzentrationslager in Aussicht

Für uns damals waren die Konzentrationslager unbekannt, wir wussten überhaupt nichts darüber. Wir dachten an die kriegsbedingten Lager von 39/40, wo die Ausländer damals zusammengefasst worden waren.

 

Und auf diese Weise wurden wir aus der Fabrik Maßholder hinausgeworfen: Jacques Nilsa, Ludovic Laval und ich und noch ein paar. Das war eine Strafaktion.

 

 

Straflager
Die zweite Station war Rappenau... Das war bei Bad Rappenau. Das war eine Strafe, sicher. Wir waren zu dritt, Nilsa, Laval und ich, wir drei sind weggeschickt worden, dorthin verlegt. Die anderen sind bei Maßholder geblieben. Man hat uns zur Strafe  in eine Baracke bei Bad Rappenau geschickt, wo wir zu etwa fünfzehnt waren, die lag mitten in der Landschaft, wo Pritschen drin waren und Öfen usw. Da mussten wir die Minen von den Eisenbahnschienen räumen.

 

 


Interview in Raon l'Etape mit Herrn Delvincourt (rechts), Marcel Clément und Louis Chapelier. 

Clément war in Heidelberg-Kirchheim, Chapelier in Eppelheim